Schotthoefer
Urteile - Archiv
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Januar 2005

1 Höherer Streitwert im Urheberrecht aus Gründen der Abschreckung zulässig

2. Testkaufkosten nur erstattungsfähig, wenn es um konkrete Verletzung geht

3. Wer haftet für eine Gewinnzusage?

4. „0,0 % - Finanzierung“

5. Vorsicht bei der Formulierung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung!

6. Das Bundespatentgericht (BPatG): auch GbR als Markeninhaber möglich

7. Bayerisches Bier muss aus Bayern sein

8. Mitarbeiter müssen ausreichend über den Inhalt einer Unterlassungsverfügung informiert werden, sonst Ordnungsgeld

 

 

1. Höherer Streitwert im Urheberrecht aus Gründen der Abschreckung zulässig

Der Inhaber einer Frühstückspension hatte auf seiner Homepage zwei kleine Kartenausschnitte zum Abruf zur Verfügung gestellt, die den Weg zu seiner Pension zeigten. Der Verlag, der das Nutzungsrecht an diesen Ausschnitten hatte, ging gegen den Pensionsinhaber wegen Verletzung seines Urheberrechtes vor. Im Verfahren um den Streitwert in Höhe von 6000 EUR erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg, dass es für die Bemessung des Streitwertes auf das Interesse des Antragstellers an der Rechtsdurchsetzung aus nachträglicher Sicht ankäme. Dieses Interesse sei weder durch den auf einen Vertragsschluss gerichteten Wert noch durch die möglichen Einnahmen des Nutzungsberechtigten aus diesem Vertrag begrenzt. Es sei zulässig, bei der Bemessung des Streitwertes eines Werkes den Gedanken der Abschreckung angemessen zu berücksichtigen. Denn die Verteidigung von Urheberrechten beschränke sich nicht auf das Verfolgungsinteresse innerhalb eines möglichen Lizenzverhältnisses. Vielmehr sei die Unterbindung der Missachtung geistiger Schutzrechte auch ein wichtiges Anliegen der Allgemeinheit. Schließlich seien Urheberrechtsverletzungen, sogar in Versuchsstadium, mit Freiheitsstrafe bedroht. Das gelte auch dann, wenn der einzelne, verfolgte Verstoß wie im vorliegenden Fall nicht sehr erheblich sei. Denn die heutigen Strafverfolgungsbehörden könnten derartige Bagatelldelikte angesichts ihrer Überlastung gar nicht mehr ausreichend verfolgen. Der Urheber haben ein legitimes Interesse daran, dass kein Zweifel über die Tatsache aufkommen kann, dass eine Urheberrechtsverletzung - sei es durch die Kosten einer vorgerichtlichen Abmahnung oder die Kosten eines gerichtlichen Streites - empfindlich kostspielig sein könne. Im Übrigen belaste ein hoher Streitwert den Verletzer weniger als ein strafrechtliches Verfahren.

OLG Hamburg vom 10.3.2004, Az. 5 W 3/04
GRUR-RR 2004, S. 342

 

2. Testkaufkosten nur erstattungsfähig, wenn es um konkrete Verletzung geht

In einem Markenrechtsstreit hatte das klagende Unternehmen einen Testkäufer eingeschaltet. Wie das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken feststellt, seien derartige "Ermittlerkosten" grundsätzlich erstattungsfähig. Dies gelte dann, wenn der Testkauf im Rahmen eines schon vorher gefassten Entschlusses zur Rechtsverfolgung getätigt wurde oder doch mindestens durch Misstrauen gegenüber dem späteren Prozessgegner motiviert war. Im vorliegenden Fall jedoch habe der als Zeuge vernommene Testkäufer erklärt, dass er in verschiedenen Geschäften Ausschau nach Markenwaren gehalten habe. Solche Waren erwerbe er und übergebe sie zur Überprüfung an seinen Auftraggeber. Wenn er bei dieser Gelegenheit einen markenrechtlichen Verstoß aufdecke, erhalte er hierfür ein Honorar. Deswegen - so die Richter des OLG - sei der Testkäufer im vorliegenden Fall nicht eingesetzt worden, um einen konkreten Rechtsstreit vorzubereiten oder einem gezielt bestehenden Verdacht auf eine Markenrechtsverletzung nachzugehen. Vielmehr sei die Markenrechtsverletzung durch den Testkäufer zufällig entdeckt worden. Die dadurch entstandenen Kosten könnten aber nicht im nachhinein auf den Verletzer abgewälzt werden. Auch die Kosten für eine Bonitätsprüfung durch das klagende Unternehmen in Höhe von 23,06 EUR hielt der Senat nicht für erstattungsfähig. Erstattungsfähig seien jedoch die Kosten für die Einschaltung eines Patentanwalts. Dies gelte auch, wenn es sich, wie hier um einen ausländischen Patentanwalt gehandelt habe, der in der Europäischen Union ansässig sei und der Verfahrensgegenstand eine Gemeinschaftsmarkenstreitsache betreffe.

OLG Zweibrücken vom 1.4.2004, Az. 4 W 42/04
GRUR RR 2004, S. 343

 

3. Wer haftet für eine Gewinnzusage ?

Im Herbst 2001 erhielt eine private Person einen Katalog von einem "C - Versand" und ein Schreiben der "V.B. – F.E.G.“ . Darin stand, dass der Empfänger bei einer vom "C - Versand" veranstalteten "Ziehung" "Gewinner" in der "Gewinnerkategorie 125.000 DM" sei. Er wurde in einem " Teilnahmezertifikat " aufgefordert, am 31.9.2001 zur Verfügung zu stehen, um den Gewinn mit dem "C - Versand" zu feiern. Er sandte darauf hin am 4.9. die "unverbindliche Warenanforderung zum Test" und das "Teilnahmezertifikat" ab. Die Waren wurden übersandt, den versprochenen Gewinn erhielt er allerdings nicht. Als Absender vermerkt war "C - Versand Ausliefg. Lager 40815 M ", auf dem beigefügten Überweisungsträger sollte der Rechnungsbetrag auf ein Konto mit dem Vermerk "wg. C-Versand" bezahlt werden. Für diesen „Versand" bestand lediglich ein Postfach, eine Eintragung in das Handelsregister existierte nicht. Eingetragen war jedoch eine "C - Versand SL". Der Gewinner klagte nun gegen eine Firma mit der Bezeichnung "E-E.C. GmbH C - Versand" auf Auszahlung seines Gewinnes im Werte von 125.000 DM.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die verklagte Firma im vorliegenden Falle nicht hafte und wies die Klage ab. Nach § 661 a BGB hafte der "Sender" einer Gewinnmit -teilung. Wer Sender in diesem Sinne sei, entscheide sich aus der Sicht des durchschnittlichen Verbrauchers. Maßgeblich für die Bestimmungen des Begriffes "Sender" sei nicht, wer den Artikel liefere oder an wen der Kaufpreis zu zahlen sei. Zwar könnten nach § 661 a BGB auch solche Unternehmen in Anspruch genommen werden, die Verbrauchern unter nicht existierenden oder falschen Namen, Firmen, Geschäftsbezeichnungen etc. entgegentreten. Sie seien die wahren "Sender" der Gewinnzusage und müssten deswegen auch für ihr "lautes Wort" haften. Aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen habe aber nicht gefolgert werden können, dass das Unternehmen selbst die Gewinnzusage verfasst und "gesendet" habe.

BGH vom 7.10.2004, III ZR 158/04
NJW 2004, S. 3555

 

4. „0,0 % - Finanzierung“

Ein Möbelhaus hatte mit der Aussage " 0,0% Finanzierung... Voraussetzung 30 Prozent Anzahlung" in Verbindung mit einem hervorgehobenen Preis von 799 EUR für eine für
Wohnlandschaft geworben. Weiter gab es den Hinweis ".... oder 6x monatlich 96,10 EUR – 12x monatlich 48,05 EUR". Die Zentrale zur Bekämpfung für unlauteren Wettbewerb beanstandete dies als irreführend, weil sich bei der Addition der monatlichen Raten jeweils ein höherer Preis als 799 EUR ergäbe. Das Landgericht (LG) Stuttgart gab der "Zentrale" Recht. Der Durchschnittlichen informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbrauchern müsse die Werbung zu verstehen, dass der dargestellte Preis von 799 und durch die Annahme des Angebotes auf Ratenzahlung nicht erhöht und ihm als im Vergleich zur sofortigen Bezahlung kein finanzieller Mehraufwand entstehe. Da dies nicht der Fall sei, sei die Werbung irreführend.

LG Stuttgart vom 8. September 2004, Az. 52 0 84/04 KfH
WRP 2004, S. 1515

 

5. Vorsicht bei der Formulierung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung!

Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist im Wettbewerbsrecht ein bewährtes Mittel zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten. Der Verletzer erklärt, dass er das beanstandete Verhalten nicht mehr wiederholen werde und verspricht für den Fall, dass er diese Verpflichtung nicht einhält, die Zahlung einer Vertragsstrafe. Das Motiv für die Abgabe einer solchen Erklärung kann vielfältig sein, so zum Beispiel weil der Vorwurf zutrifft, aber auch deswegen, weil der vermeintliche Verletzer einem Streit aus dem Wege gehen will, auch wenn er sich keiner Schuld bewusst ist.

Das Landgericht (LG) Berlin hat nun festgestellt, dass eine solche Unterlassungserklärung mit dem Versprechen einer Vertragsstrafe unabhängig davon zur Zahlung dieser Vertragsstrafe verpflichtet, ob tatsächlich einen Verstoß vorlag. Mit anderen Worten: im Verfahren der Klage mit dem Ziel auf Verurteilung zu versprochenen Vertragsstrafe prüft das Gericht nicht mehr, ob das beanstandete Verhalten tatsächlich eine Wettbewerbswidrigkeit darstellte.

LG Berlin vom 8. Juni 2004, Az. 15 S 5/03
WRP 2004 S. 1517

Hinweis:

Möglicherweise hätte die Kammer im vorliegenden Falle anders geurteilt, wenn der Verletzer in seiner Unterlassungserklärung daraufhingewiesen hätte, dass er sich zwar keiner Schuld bewusst ist und nur um des lieben Friedens willen und ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Erklärung abgibt.

 

6. Das Bundespatentgericht (BPatG) hat entschieden, dass auf Grund der Entwicklung der Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes § 7 Nr. 3 Marken- gesetz der Eintragung einer BGB - Gesellschaft als Inhaberin einer Marke markenrechtlich nicht mehr entgegensteht.

 

7. Bayerisches Bier muss aus Bayern sein

Eine niederländische Brauerei verfügte über verschiedene so genannte IR – Marken für Bier mit dem Bestandteil "Bavaria", zum Teil seit dem Jahre 1947. Im Jahre 1995 beantragte sie Markenschutz für diese Bezeichnung auch in den Benelux - Staaten. Der Dachverband der bayerischen Brauwirtschaft dagegen mit einer Klage vor. Das Oberlandesgericht (OLG) entschied nun, dass diese Marke gelöscht werden müsse. Denn die Angabe "bayerisches Bier" sei durch die Verordnung der Europäischen Gemeinschaft Nr. 1347/01 als "geografische Herkunftsangabe" geschützt. Weder die Verordnung noch das Eintragungsverfahren seien zu beanstanden. Der Antrag auf Schutz der Bezeichnung " Bayerisches Bier " sei am 20.1.1994 gestellt worden, derjenige für die Eintragung der niederländischen Reihe am 28.4.1995. Deswegen genieße diese auch keine zeitliche Priorität. Aber auch auf ältere Markeneintragungen in anderen Mitgliedstaaten käme es nicht an.

OLG München vom 27.5.2004, Az. 29 U 5084/03
GRUR - RR 2004, S. 329

 

8. Mitarbeiter müssen ausreichend über den Inhalt einer Unterlassungsverfügung informiert werden

Hat ein Unternehmen eine gerichtliche Entscheidung zugestellt bekommen, mit der ein bestimmtes werbliches Verhalten untersagt wurde, kann jeder Verstoß gegen diese Verfügung mit einem Ordnungsgeld belegt werden.

Da auch Mitarbeiter dagegen verstoßen können, müssen sie ausreichend über den Inhalt einer solchen Unterlassungsverfügung informiert werden. Nur dann, wenn dies geschehen ist, kann man die Vorteile zur Zahlung eines Ordnungsgeld des unter Umständen vermeiden.

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln stellte dazu fest, dass ein eigenes Verschulden eines Unternehmens bereits dann vorliegt, wenn die Zuwiderhandlung auf sein Organisationsverschulden zurückzuführen ist. Das 3. dann der Fall sein, wenn entsprechende Anordnungen nicht getroffen, Überwachungen nicht vorgenommen wurden oder andere Maßnahmen zu einem Verstoß fürchten. Die Anforderungen seien in diesem Zusammenhang sehr hoch gespannt. S. nicht aus, eigenes Gericht*nachträglich durchgeeignete Maßnahmen von den gehenden Verbot zu unterrichten, es müsse auch die Beachtung sichergestellt werden. Deswegen seine bloße Information der Mitarbeiter über den Inhalt des Titels in die verbindliche Anweisung, dass diese Verfügung einzuhalten sei, nicht ausreichend. Zwischen den Mitarbeitern vielmehr unmissverständlich und mit dem notwendigen Nachdruck deutlich vor Augen geführt werden, dass und wie ein gerichtliches Gebot einzuhalten ist und dass ein Verstoß gegen empfindliche Konsequenzen bis hin zur Verhinderung von Ordnungshaft zufolge die Folge sein kann. Eine solche Belehrung müsse schriftlich erfolgen und den Mitarbeitern nachhaltig vor Augen führen, welche Maßnahmen folgen könnten, wenn sie sich nicht als einem an das Unterlassungsgebot hielten. Auch auf mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen müsse hingewiesen werden. Einen international tätigen Unternehmen könne es schon ausreichen, wenn die Mitarbeiter darüber unterrichtet würden, dass bestimmte, in anderen Ländern der Europäischenunion mögliche Weise nicht verfolgte Verhaltensweisen in der Bundesrepublik nicht weiterverfolgt werden dürften.

Im vorliegenden Fall fehlt es den Richtern an Hinweisen des Unternehmens, dass und wie es die Kenntnisnahme seiner Mitarbeiter sichergestellt habe und die Vorkehrungen, es getroffen haben, die entsprechenden Weisungen das die entsprechenden Weisungen auch befugt würden. Aber auch darüber gefehlt, dass die Mitarbeiter darf hingewiesen worden sein, dass möglicherweise ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR verhängt werden könnte. Die bloße Anwesenheit des nach eigenem Sachvortrag häufig auf Dienstreise befindlichen und deshalb zur wirksamen Kontrolle seine Mitarbeiter kann nicht fälligen Leiters der Rechtsabteilung, man dürfe die entsprechenden Verhaltensweisen gemeint die allgemeine Geschäftsbedingungen) auf keinen Fall mehr verwenden, reiche zur Annahme eines mangelnden Organisationsverschuldens nicht aus.

OLG Köln vom 12.8. 2004 ; Az. 6 W 81/04
WRP 2004, S. 1519

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Dr. Peter Schotthöfer & Florian Steiner

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