Schotthoefer
Urteile - Archiv
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Juli 2004

Provisionszahlungen (auch) an Betriebsinhaber unzulässig

Provisionszahlungen an Mitarbeiter eines Unternehmens können wettbewerbswidrig sein, wenn sie diese dazu bewegen sollen, die Produkte des Provision zahlenden Unternehmens gegenüber anderen zu bevorzugen. Die beiden folgenden Entscheidungen befassen sich Provisionszahlungen an den Betriebsinhaber selbst:

Ein Kraftfahrzeugsachverständiger hatte Werbeschreiben an Werkstätten und Versicherungen verschickt, in denen er auf seine Tätigkeit aufmerksam machte und den Betriebsinhabern selbst im Falle eines Auftrages eine Provision von 20 Prozent seines Honorares anbot.

Mit der Wettbewerbszentrale sah das Landgericht (LG) Berlin in diesem Angebot einen Verstoß gegen das geltende Wettbewerbsrecht. Das Argument des Sachverständigen, die Provision liege im Schnitt zwischen 40 und 120 € und stelle keine wichtige Erwerbsquelle für den Betriebsinhaber dar, teilte die Richter nicht. Auch wenn er auf mehreren Seiten zunächst seine fachlichen Qualitäten vorgestellt habe, nehme dies dem Empfänger des Schreibens nicht den Anreiz, den Auftrag wegen der Provision zu vergeben. Denn erfahrungsgemäß würden Werbeschreiben mit mehreren Seiten nur flüchtig gelesen oder überflogen, sodass im vorliegenden Falle vor allem das hervorgehobene Angebot der Provision ins Auge steche.

LG Berlin vom 25.11.2003 ; Az. 103 0 159/03

Zu dem gleichen Ergebnis kam das LG Krefeld in einem anderen Fall. Auch diese Richter hielten das Angebot von 50 € für die Erteilung eines Gutachtenauftrages durch eine Sachverständigenservice - GmbH an Autohäuser, Kraftfahrzeughändler oder Reparaturbetriebe für nicht mit den Grundsätzen des freien Leistungswettbewerbes

vereinbar. Neben der GmbH hafte auch sein Vertreter persönlich auf Unterlassun dieser Werbung.

LG Krefeld vom 30.9.2003 ; Az. 12 0 84/03

Fundstelle WRP 2004, S. 647

 

„Lächerlich hoch“: Wettbewerbsrechtlicher Schutz auch gegen Äußerungen der Konkurrenz in Pressemitteilung

Äußerung eines Unternehmens in der Presse unterliegen ebenfalls den strengen Maßstäben des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb:

Die Mitarbeiterin einer Fluggesellschaft bezeichnete die Tarife der Lufthansa in einer Pressemitteilungen als „lächerlich hoch". Das Landgericht (LG) Köln verbot diese Aussage als unzulässig. Die Verbreitung der Mitteilung der Äußerung erfolge zu Zwecken des Wettbewerbes. Die Äußerung beziehe sich auch auf die Gesamtheit der von der Lufthansa angebotenen Tarife. Deswegen liege auch kein - grundsätzlich zulässiger - Vergleich vor, weil die Aussage des Werbenden nicht objektiv überprüft werden könne. Die Pressemitteilung sei auch herabsetzend, da durch die Formulierung "lächerlich hoch" die Konkurrenz pauschal verunglimpft worden sei. Auch sei die beanstandete Werbeaussage nicht durch das Grundgesetz gerechtfertigt.

LG Köln vom 3. Februar 2004 ; Az. 33 0 143/03

Fundstelle: WRP 2004, S. 650

 

Die Werbung von Einzelhändlern mit der unverbindlichen Preisempfehlung eines Herstellers kann es verschiedene Probleme geben. Auf die richtige Formulierung ist hier genauso zu achten wie darauf, dass sich das Produkt tatsächlich im aktuellen Sortiment des Herstellers befindet.

"Unverbindliche Preisempfehlung"

Ein Elektronikeinzelhandelsunternehmen warb im September 2003 für einen Akku-Netz Rasierer vom Typ Philips HQ 8893 zum Preis von einem 139 €. Neben der Preisangabe befand sich der Hinweis "Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers: 239,99 €, 100,99 € billiger". Allerdings war der beworbene Rasierapparat in der Produktinformation des Herstellers für das Jahr 2003 nicht enthalten. Das Landgericht (LG) Kassel sah darin eine irreführende und damit unzulässige Werbung. Da das Produkt nicht in der Produktinformation des Herstellers aufgeführt sei, gebe es auch keine unverbindliche Preisempfehlung dafür. Auch wenn es ein aktuelles Sondermodell gewesen wäre, für das es eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers gegeben hätte, wäre das Unternehmen verpflichtet gewesen, darauf in seiner Werbung hinzuweisen. Der Verbraucher habe nämlich keine Möglichkeit festzustellen, ob die angegebene unverbindliche Preisempfehlung eines Herstellers tatsächlich zutreffend sei. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das Unternehmen dem Käufer eines Rasierapparats eine Produktinformation mit den notwendigen Informationen übergeben habe. Denn der entschließe sich auf Grund der Anzeige zum Kauf. Es nutze ihm wenig, wenn er erst bei Abschluss des Kaufvertrages die entsprechenden Produktinformationen erhalte.

LG Kassel vom 15. Januar 2004 ; Az. 11 0 4257/03

Fundstelle WRP 2004, S. 651

 

„Flughafen Niederrhein (Düsseldorf)“ irreführend

Eine irische Fluggesellschaft nutzte als Abflughafen einen zwischen den Städten Kevelaar und Goch bei Weeze etwa 70 bis 80 Kilometer von Düsseldorf entfernt gelegenen Flughafen. Auf der Eingangsseite des Internetauftrittes stellte sie die deutschen und europäische Abflug-häfen mit Zielorten vor, darunter "Niederrhein (Düsseldorf) ".

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln fand nun, dass dieser Flughafen bei den nach Millionen zählenden Verbrauchern seines Einzugsbereiches weitestgehend unbekannt sei, auch wenn man berücksichtige, dass von dort inzwischen rund 100.000 Fluggäste befördert würden. Aus der Sicht des durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Verbraucher sei die Werbung irreführend. Es reiche aus, dass der angesprochene Verbraucher sich auf Grund der zu beanstandenden Angaben überhaupt erst mit dem Angebot beschäftige, auf eine nachträgliche Aufklärung auf der Internetseite komm es daher nicht an. Es reiche weiter nicht aus, wenn auf der Internet - Seite Links angeboten würden, auf denen man erfahren könne, wo der Flughafen liege und auf welchem Wege er günstig zu erreichen sei. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn den Kunden alle damit verbundenen Nachteilen des Straßen - oder schienengebundenen Verkehrs, die auf der betreffenden Strecke bekanntermaßen häufig vorkommenden Verkehrsstaus auf der Autobahn und Verspätungen der Deutschen Bahn AG

gleichgültig seien. Davon könne aber nicht ausgegangen werden.

OLG Köln vom 15.12.2003 ; Az. 6 U 107/03

Fundstelle GRUR RR 2004 S. 143

 

Bagatellsache 1

Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb können zwar durch Konkurrenten oder Organisationen verfolgt werden, nicht jedoch wenn es sich um Bagatellsachen handelt:

"FrühlingsgeFlüge“

Ein Reiseunternehmen warb noch im April 1999 für günstige Flüge unter der Rubrik „FrühlingsgeFlüge". Für die Flüge selbst waren Mindestpreise (z. B. "ab 560 DM") angegeben. In seiner Schrift fand sich unmittelbar daneben der Hinweis “zuzüglich Steuer: Thailand 27 DM/Brasilien 72 DM/Belgien 48 DM/Italien 59 DM/etc. „"

Ein Verbraucherverein klagte dagegen wegen Verstoßes gegen die Preisauszeichnungs -verordnung, die vorschreibt, dass Preisbestandteile bei der Werbung zu einem Preis zusammengefasst werden müssen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied nun, dass hier zwar ein Verstoß gegen die Preisauszeichnungsverordnung vorliege, dieser jedoch so geringfügig sei, dass er ein Einschreiten nicht erforderlich mache. Es würden keine wesentlichen Belange der Verbraucher berührt. Ein verständiger Durchschnittsverbraucher, der das Angebot einer Flugreise sorgfältiger prüfen werde, werde durch die Anzeige nicht irregeführt. Er könne

dem jeweils angegebenen Einzelpreis wegen Verwendung des Wörtchens "ab" entnehmen, dass noch ein weiterer Betrag hinzukommen könne. Schließlich könnten auch die einzelnen Steuern dem jeweiligen Flugpreis ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden. Auch wenn das Preisniveau auf den ersten Blick dadurch ein wenig günstiger erscheine, werde ein möglicher unrichtiger Eindruck durch den übersichtlich gestalteten Text der Anzeige sogleich korrigiert.

BGH vom 15.1.2004 ; Az. 1 ZR 180/01

Fundstelle BGH Report 2004, S. 675

 

Bagatellsache 2

Getrennte Angabe von Flugpreis und „Luftsicherheitskosten/Auslandssteuern“ irreführend, aber eine Bagatelle

Eine Fluggesellschaft hatte in einer Zeitung für verschiedene Flüge mit der Angabe des Preises geworden und daneben in kleinerer Schrift hinzugefügt : „+19*“. Das Sternchen wies auf die neben dem Preis zu bezahlenden Sicherheitskosten und Auslandssteuern hin. Auch hier hielt der Bundesgerichtshof zwar einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung für gegeben, sah allerdings keine wesentlichen Belange der Verbraucher dadurch beeinträchtigt.

BGH vom 15.1.2004 ; I ZR 160/01

Fundstelle BGH Report 2004, S. 676

 

Bagatellsache 3

Telefonwerbung - einmal zulässig

Deutsche Gerichte haben in vielen Fällen Telefonwerbung ohne vorheriges Einverständnis sowohl gegenüber Verbrauchern als auch Gewerbetreibenden als wettbewerbswidrig untersagt. Auch nach dem Entwurf für ein neues „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb", das noch im Sommer 2004 in Kraft treten dürfte, soll Telefonwerbung grundsätzlich verboten sein. Um so überraschender ist nun ein Urteil des Bundesgerichtshofes, mit dem Telefonwerbung in einem bestimmten Fall für zulässig gehalten wurde. Interessant ist auch die Begründung: die Richter argumentierten, dass das Maß der Belästigung die Bagatellgrenze nicht überschritten habe und deswegen eine Prozeßvoraussetzung fehle.

Ein Telefonbuchverlag war telefonisch mit Telefonanschlußinhabern in Kontakt getreten, die bereits über einen unentgeltlichen Grund - und Standardeintrag verfügten, um ihnen kostenpflichtige Erweiterungen anzubieten. Der BGH hat nun festgestellt, dass mit Anrufen potenzieller Geschäftspartner rechne, wer einen Telefonanschluss zu gewerblichen Zwecken unterhalte. Deswegen sei telefonische Werbung im geschäftlichen Bereich nicht nur dann zulässig, wenn der Angerufene zuvor ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis erklärt habe, sondern auch dann, wenn auf Grund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse daran vermutet werden könne. Das könne vor allem dann bestehen, wenn die telefonische Werbemaßnahme in einem sachlichen Zusammenhangs mit einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung stehe.

Ein mutmaßliches Einverständnis könne auch dann anzunehmen sein, wenn die telefonische Werbemaßnahme zwar gegenüber der schriftlichen Werbung keine Vorzüge aufweise oder ihr sogar einzelne Vorteile fehlten, aber gleichwohl den Interessen des Angerufenen noch in einem solchen Maße entspreche, das die damit verbundenen Belästigungen als hinnehmbar erscheinen lassen. Es handele sich bei dem Gegenstand der hier zu untersuchenden Werbung um eine sinnvolle und erfahrungsgemäß von den Gewerbetreibenden häufig genutzte Ergänzung des Standardeintrages. Schon aufgrund des Anlasses des Telefonanrufes sei der Werbemaßnahme auch eine zeitliche Grenze gesetzt. Da das Maß der Belästigung dadurch gering sei, hatte das Einverständnis vermutet werden können.

BGH vom 5. Februar 2004 ; I ZR 87/02

Fundstelle WRP 2004, S. 603

 

Kein Rabatt auf Schönheitsoperationen

In einer Anzeige wurden „Frühjahrsrabatte“ auch auf Schönheitsoperationen angeboten. Das Landgericht (LG) Frankfurt hielt dies für unzulässig. Durch „Frühjahrrabatte“ auf Schönheitsoperationen würden Verbraucher in unsachlicher Weise zu einer Behandlung oder Operation veranlasst. Die Werbung dafür sei daher wettbewerbswidrig und musste nach Auffassung der Richter des LG Frankfurt(Oder) unterlassen werden.

LG Frankfurt(Oder) vom 24.Juli 2003; Az. 32 0 43/03

Fundstelle WRP 2004, 406

II. Gesetzentwurf

 

Strafrechtlicher Schutz vor Verletzung der Intimsphäre

§ 201 StGB bedroht die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes mit Geld – bzw. Freiheitsstrafe. Deswegen dürfen etwa Telefongespräche in Call – Centern ohne Zustimmung der Beteiligten nicht mitgeschnitten werden. Ziel eines vom Land Baden – Württemberg vorgelegten Gesetzentwurfes ist, durch einen in das Strafgesetzbuch einzufügenden § 201 a
auch die Verletzung der Vertraulichkeit der Intimsphäre durch unbefugte Bildaufnahmen in Wohnungen bzw. in gegen Einblicke besonders geschützten Räumen unter Strafandrohung zu schützen. Eine erste Beratung fand am 12.02.2004 im Bundestag statt.

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Dr. Peter Schotthöfer & Florian Steiner

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