Schotthoefer
Urteile - Archiv
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Juli 2005

1. Musik aus der Werkstatt GEMA - pflichtig

- die öffentliche Aufführung von Musikstücken ist GEMA pflichtig

- "öffentlich" ist eine Aufführung, wenn sie zwangsläufig in den Wahrnehmungsbereich mehrerer Personen gelangt

- ist Musik aus einem Radioapparat in einer Werkstatt im Verkaufsraumzu hören, liegt eine honorarpflichtige Aufführung vor

 

2. „Wir garantieren Ihnen einen Preis, der 13 % unter jedem Mitbewerberangebot liegt"

- Konzeption und Planung einer Einbauküche erfordern erheblichen Aufwand an Zeit durch geschultes Personal u. U. auch ein Aufmaß vor Ort

- durch diese Werbung werden Interessenten aufgefordert, diese Informationen
bei einem Konkurrenten erarbeiten zu lassen, um damit das Angebot des werbenden Unternehmen mit einem Nachlass von 13 % anzunehmen

- wer so wirbt, nutzt schutzwürdige Arbeitsergebnisse von Konkurrenten in wettbewerbs-widriger Weise aus

 

3. Keine generelle Hinweispflicht auf Auslaufmodelle

- bei Kraftfahrzeugen und Computern muss auf den Auslaufcharakter eines Modells in der Werbung hingewiesen werden, wenn an dessen Stelle ein neues getreten ist

- das Kammergericht hat festgestellt, dass diese Hinweispflicht nicht generell, also für alle Produkte gilt

- ein Hinweis auf den Auslaufcharakter ist nur dort rechtlich notwendig,wo dies von Verbraucher erwartet wird (z. B. bei Kraftfahrzeugen, Computern, Sportartikeln)

 

4. Bundesregierung plant Erweiterung privater Vervielfältigung

- die Vervielfältigung (z. B. Fotokopieren) urheberrechtlich geschützter Werke ist ohne Genehmigung des Urhebers nur zum " privaten Gebrauch " zulässig

- Bundesjustizministerium schlägt Erweiterung dieser sog. Bagatellklausel vor

- Danach soll es auch zulässig sein, nicht nur für sich, sondern auch für mit dem Täter persönlich verbundene Personen zu vervielfältigt oder an solchen Vervielfältigungen teilzunehmen

 

5. Anmeldung eines Namens als Internetbezeichnung im Auftrag eines Kunden begründet kein eigenes Namensrecht der Agentur

- Agentur, die im Namen und im Auftrag eines Kunden dessen Namen als Internet angemeldet hat, steht kein eigenes Namensrecht daran zu

- weder der Auftrag noch Übertragung der Nutzungsrechte an den Kunden ändern daran etwas

- Agentur muss Namen nach den Bedingungen der Denic an den Namensinhaber herausgeben

 

6. Aussage „1, 5 Millionen Wörter im Wörterbuch“ muß stimmen

- die Werbeaussage mit der Zahl der in einem Wörterbuch enthaltenen Wörter muss zutreffend sein

- zur Berechnung der Wörterzahl

- der Werbende muß die Richtigkeit seiner Behauptung beweisen, wenn eine Stichprobe
ergibt, daß die Zahl nicht stimmen kann

 

7. Wird Sammelklage auch in Deutschland möglich?

- LG Bonn erlaubt Konstruktion, die einer Sammelklage in den USA ein wenig nahekommt

 

8. Mündliche Markenverletzung: AdvoCard - Advogarant

- in einem Anruf stellte sich die Mitarbeiterin eines Callcenters des Anwaltssuchdienstes "Advogarant " als " Frau.. von der AdvoCard Hamburg " vor

- Das LG Hamburg gab dem Antrag der Inhaberin der Marke " Advocard " auf Unterlassung statt

- Die Verletzung einer Wortmarke könne auch durch mündliche Wiedergabe, also im Rahmen eines telefonischen Angebotes begangen werden.

 

9. Bloße Werbung für nicht genehmigtes Glücksspiel ist unzulässig

- Die Veranstaltung eines Glücksspiels ohne die erforderliche Genehmigung ist strafbar

- Für in der Bundesrepublik beworbenes Glücksspiel muss die Genehmigung der zuständigen deutschen Behörde vorliegen

- Bereits die Werbung für ein derartiges Glücksspiel steht unter Strafandrohung

 


 

1. Musik aus der Werkstatt GEMA - pflichtig

Die Geschäftsräume eines Optikers waren unterteilt in einen der Öffentlichkeit zugänglichen, und in einen nicht zugänglichen Verkaufsraum. In diesem, dem Werkstattraum war ein Radio platziert, welches u. U. auch im Verkaufsraum wahrgenommen werden konnte. Werkstatt und Verkaufsraum waren durch ein Regal von einander getrennt.

Ein Kontrolleure der GEMA stellte fest, dass bei dem Optiker in der Zeit vom 1.7. bis 30.11.2002 das Radio so betrieben worden war, dass Musik im Ladengeschäft laut und deutlich hörbar gewesen sei. Da dies nach Auffassung der GEMA eine entgeltpflichtige öffentliche Musikwiedergabe war, verlangte sie für diese Zeit wegen widerrechtlicher Nutzung urheberrechtlich geschützter Musikwerke einen Betrag von 126,35 €. Das Landgericht (LG) Frankfurt bestätigte diese Auffassung. Die Wiedergabe eines Werkes sei öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt sei. Im vorliegenden Fall sei die Musik aus der Werkstatt auch stets im Verkaufsraum zu hören gewesen. Entscheidend sei die objektive Bestimmung für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit. Es komme nicht darauf an, ob der Ladeninhaber die Wiedergabe an die Kunden auch subjektiv bezweckt habe. Unerheblich sei es auch, ob die Radiomusik laut oder nur leise vernehme ich gewesen sei, auch auf die Identifizierbarkeit der einzelnen Musikstücke komme es nicht an..

LG Frankfurt am Main vom 26.1.2005 ; 2 – 06 S 5/04
GRUR RR 2005,180

 

 

2. „Wir garantieren Ihnen einen Preis, der 13 % unter jedem Mitbewerberangebot liegt "

Ein saarländisches Möbelhaus hatte mit der Aussage geworben " Möbel M - Küchen - Tiefpreisgarantie. Egal, wer beim Küchenkauf anbietet - wir garantieren Ihnen einen Preis, der 13 Prozent unter jedem Mitbewerber -angebot liegt ". Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken hielt diese Aussage für wettbewerbswidrig.

Das Unternehmen mache sich auf diese Weise schutzwürdige Arbeitsergebnisse der Mitbewerber zunutze. Bei den beworbenen Produkten handele es sich um Einbauküchen, deren konzeptionelle Gestaltung und Preiskalkulation regelmäßig einen nicht unerheblichen Arbeitseinsatz erforderten. Dadurch würden Interessenten geradezu aufgefordert, sich zunächst von einem Mitbewerber eine Küchenplanung als Grundlage eines Angebotes erstellen zu lassen, um sich dann an das werbende Unternehmen zu wenden. Die Planung und Gestaltung einer Einbauküchen setze einen nicht unerheblichen Arbeitseinsatz in zeitlicher Hinsicht voraus, der nur durch geschultes Personal erbracht werden könne. Regelmäßig seien ausführliche Gespräche mit den Kunden notwendig und u. U. auch ein Aufmaß vor Ort. Bei einer derartigen arbeitsintensiven Planung und Preiskalkulation könne man von einem schutzwürdigen Arbeitsergebnis ausgehen, das sich das werbende Unternehmen auf Kosten seines Konkurrenten zu Nutze mache.

OLG Saarbrücken vom 14.7.2004 ; Az. U 193/04 - 34
GRUR - RR 2005,196

 

 

3. Keine generelle Hinweispflicht auf Auslaufmodellcharakter

Bei bestimmten Produkten (Kraftfahrzeug, Computer etc.) ist es üblich und rechtlich notwendig, in der Werbung darauf hinzuweisen, dass es sich bei einem beworbenen Modell um ein Auslaufprodukt handelt. Das Kammergericht (KG) hat nun am Beispiel von Schulrucksäcken festgestellt, dass es eine generelle Hinweispflicht auf den Auslaufcharakter einer Ware nicht gibt.

Während es bei Gegenständen wie Kraftfahrzeugen oder Computern aus der Sicht des Verkehrs unerlässlich erscheint, auf den Auslaufcharakter hinzuweisen, gebe es auch Produkte, bei denen es dem Verbraucher auf diese Kenntnis nicht ankomme.

Einem relevanten Verbraucherkreis sei es nicht geläufig, dass Hersteller von Schulrucksäcken zweimal im Jahr jeweils zum Beginn der Schulehalbjahre oder auch nur einmal jährlich zum Beginn eines Schuljahres neue Modelle auf den Markt brächten. Es entspreche vielmehr der Lebenserfahrung, dass Schüler und Eltern sich beim Kauf von Schulrucksäcken ist in erster Linie an Ausstattung, Marke und Preis orientierten.

KG vom 24.9.2004 ; Az. 5 W 140/04
GRUR - RR 2005, 204

 

 

4. Aktuelles zum Urheberrecht:

Im Zuge der Überarbeitung des Urheberrechtes wurde nun vom Bundesjustizministerium auch eine Erweiterung der sog. Bagatellklausel vorgeschlagen, die die Vervielfältigung von urheberrechtlich geschützten Werken zu privaten Zwecken in engen Grenzen erlaubt.

Danach soll nicht nur nicht bestraft werden, wer "Werke oder Bearbeitungen oder Umgestaltungen von Werken" nur für sich in geringen Mengen kopiert oder erstellt, sondern auch, wer diese " zum privaten Gebrauch von mit dem Täter persönlich verbundenen Personen vervielfältigt oder an solchen Vervielfältigungen teilnimmt ".

Ob der Vorschlag wegen des möglichen politischen Wechsels zu seiner Verwirklichung kommt, ist allerdings zweifelhaft.

Computer und Recht R 55/2005

 

 

5. Verletzung des Namensrechts durch Reservierung einer Domain

Ein gewerblicher Gestalter von Internetauftritten hatte den Namen " Grundtke " eines Kunden in dessen Auftrag, aber in eigenem Namen reservieren lassen. Der Inhaber des Namens " Grundtke " ging gegen den Gestalter auf Herausgabe des Namens vor. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle bestätigte dessen Rechtsauffassung. Da der Internet Gestalter den Namen unbefugt gebraucht habe, müsse er ihn herausgeben. Ein Gebrauch liege bereits in der Registrierung des Namens. Dass der Gestalter sämtliche Rechte zur Nutzung an den Namensinhaber abgetreten habe, ändere daran nichts. Die Übertragung von Domains richte sich nach den Bestimmungen der Denic, die hier nicht erfüllt seien. Die Gestattung der Anmeldung der Domain im eigenen Namen des Gestalter selbst begründe kein eigenes Namensrecht.

OLG Celle vom 8.4.2004 ; Az. 13 U 213/03
GRUR RR 2005,207

 

 

6. Irreführende Werbung mit Wörterzahl für Wörterbuch

Wird für ein russisch – deutsch - russisches Wörterbuch mit der Anzahl der Wörter (hier: "Enthält 1,5 Millionen Wörter ") geworben, so meint nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg der Durchschnittsverbraucher, dass das Wörterbuch 1,5 Millionen Wörter enthält und bezieht Abwandlungen und Redewendungen in den beiden Sprachen mit ein. Wörter aus den Übersetzungen (z. B. im russisch - deutschen Teil die deutschen Wörter) sind nicht mitzuzählen. Das gilt zur Vermeidung von Mehrfachzählungen auch für ein elekt -ronisches Wörterbuch, bei dem einzelne Wörter aus den Übersetzungen ihrerseits direkt über Hyperlinks zu übersetzen sind.

Ergibt eine überschlägige Stichprobe, dass die in der Werbung angegebene Wörterzahl nicht zutreffend sein kann, so muss der Werbende die Richtigkeit seiner Behauptung beweisen.

OLG Hamburg vom 18.3.2004 ; Az. 3 U 364/01
GRUR - RR 2005,205

 

 

7. Wird Sammelklage auch in Deutschland möglich?

Das aus den Vereinigten Staaten bekannte Instrument der Sammelklage ist im deutschen Recht unbekannt. Das Landgericht (LG) Bonn hat nun eine nach deutschem Recht zulässige Konstruktion gebilligt, die der amerikanischen Sammelklage - ein wenig - nahekommt.

30 Kunden einer Bank hatten ihre Ansprüche gegen diese Bank an eine Verbraucherzentrale abgetreten. Die Abtretungen seien wirksam und verstießen auch nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz. Trotz fehlender Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetzes seien die Abtretungen erforderlich und damit gerechtfertigt. Erforderlich sei eine Abtretung, wenn sie zur Durchsetzung von Interessen des Verbraucherschutzes geeignet und Individualklagen nicht in gleichem Maße effektiv seien. Die Verbraucherzentrale verfüge regelmäßig über weit mehr aussagekräftige und repräsentative Informationen zu den streiterheblichen Fragen und könne damit die Ansprüche effektiver geltend machen.

LG Bonn vom 17.3.2005 ; Az. 3 0 657/03
NJW aktuell (Heft 24) XX

 

 

8. Mündliche Markenverletzung: AdvoCard - Advogarant

Die Verletzung einer Marke kann auch mündlich geschehen. Dies stellte das Landgericht (LG) Hamburg fest. Im Auftrag des Online – Anwaltssuchdienstes " Advogarant " hatte die Mitarbeiterin eines Call Centers bei einem Anwalt angerufen, der sich an deren einleitende Worte " Frau.. von der AdvoCard Hamburg " erinnerte. Deswegen beantragte die Inhaberin der Marke " Advocard " gegen den Anwaltssuchservice " Advogarant " den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das LG Hamburg gab diesem Antrag statt. Die Verletzung einer Wortmarke könne auch durch mündliche Wiedergabe, also im Rahmen eines telefonischen Angebotes begangen werden.

 

 

9. Bloße Werbung für nicht genehmigtes Glücksspiel ist unzulässig

Die Veranstaltung eines Glücksspiels ohne die erforderliche Genehmigung ist in der Bundesrepublik strafbar gem. § 284 StGB. Aber nicht nur die Veranstaltung, sondern sogar die Werbung für ein derartiges Glücksspiel steht unter Strafandrohung. Das bekam der Inhaber einer deutschen Website zu spüren, auf der für ein Internet - Glücksspiel geworben wurde, das in Costa Rica stattfand. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg untersagte deswegen die Werbung auf dieser Website. Es komme allein darauf an, ob eine inländische deutsche Genehmigung für das Glücksspiel vorliege. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Weil ein Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften gleichzeitig einen Wettbewerbsverstoß bedeutet, wurde dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und mit dieser Entscheidung vom OLG Hamburg bestätigt.

OLG Hamburg vom 19.1.2005 ; Az. 3 U 171/04
Computer und Recht 2005, 459

 

 

10. Neues Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Vermittlungsausschuss beschlossen

Der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag hat am 16. und 17. Juni 2005 ein neues Kartellgesetz beschlossen, das voraussichtlich noch im Juli 2005 in Kraft treten wird. Die wichtigsten Änderungen sind eine verschärfte Missbrauchsaufsicht über die Gewährung von nicht gerechtfertigten Leistungen, im Gesetz als " Vorteile " bezeichnet. Neu ist die Einführung die Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung auch bei kartellrechtswidrigem Verhalten durch den Markenverband. Dieses Instrument der "Vorteilsabschöpfung " findet sich bereits in dem am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, von dem allerdings - soweit ersichtlich - noch kein Gebrauch gemacht wurde. Das Preisbindungsverbot soll ersatzlos entfallen, Höchstpreisvereinbarungen und Preisempfehlungen ohne " Unverbindlichkeitsvermerk " zulässig werden.

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Dr. Peter Schotthöfer & Florian Steiner

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