Schotthoefer
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Juli 2006

1. LG Stuttgart: „Supplement“ 1

- Auch für Werbebeilagen gelten die Vorschriften des allgemeinen Werberechts

- Werbeanzeigen müssen für einen informierten und verständigen Durchschnittsleser als solche deutlich erkennbar sein

 

2. LG München I: „Supplement 2“ (Sonderveröffentlichung) - "Sonderveröffentlichun" für eine Beilage ist nicht ausreichend

- Der verständige Verbraucher muss von vornherein erkennen, dass es sich um bezahlte Werbung handelt

- Das Wort "Sonderveröffentlichung" weist nicht eindeutig auf den Umstand hin, dass die Beiträge nur gegen Bezahlung veröffentlicht wurden.

- Ausschlaggebend für die Beurteilung der Zulässigkeit einer solchen Sonderveröffentlichung ist der Gesamteindruck

 

3. OLG Köln: Transparenz bei Gewinnspiel

- Wohl erste gerichtliche Entscheidung zur Transparenz

- Dieses Gebot gilt bereits für Hinweise im Vorfeld, nicht nur für das Gewinnspiel selbst

- Bei den Anforderungen an die Teilnahmebedingungen ist auf die Situation abzustellen, in der der Verbraucher über die Bedingungen der Teilnahme informiert wird

 


 

1. „Supplement“ 1

Für Werbebeilagen - neudeutsch: Supplement – gelten grundsätzlich die Vorschriften des allgemeinen Werberechts, also z. B. das Irreführungsverbot, das Lauterkeitsgebot und insbesondere das Verbot der getarnten Werbung. Für Printmedien wird beispielsweise von den Ländergesetzen vorgeschrieben, dass eine Anzeige als solche gekennzeichnet sein muss (z. B. § 10 LPG Baden-Württemberg: "Hat der Verleger eines periodischen Druckwerks … für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen lassen, so hat er diese … deutlich mit dem Wort "Anzeige" zu bezeichnen"). Die Verwendung des Begriffes "Anzeige" ist allerdings nicht vorgeschrieben. Es genügen gleichwertige Ausdrücke (z. B. "Werbeinformation", nicht ausreichend: "PR - Information", "PR - Anzeige", "Public Relations", oder "Werbereportage".

Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ergibt sich das Gebot zur Deutlichmachung als Werbung aus § 4 Nr. 3 des am 3. Juli 2004 in Kraft getretenen neuen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Für die "Supplements" wurden die rechtlichen Anforderungen der Kennzeichnung als Werbung nun durch zwei Entscheidungen weiter präzisiert.

In einem vom Landgericht (LG) Stuttgart entschiedenen Fall war einem Gesundheitsmagazin ein "Supplement" mit Werbeanzeigen für Informationsangebote beigefügt worden. Die Werbeanzeigen waren durch die Verwendung des Begriffs "Anzeige" am oberen Seitenrand in grauer Schriftfarbe gekennzeichnet.

Das LG Stuttgart hielt diese Kennzeichnung nicht für ausreichend. Werbeanzeigen müssten für einen informierten und verständigen Durchschnittsleser als solche deutlich erkennbar sein, indem sie sich von dem redaktionellen Teil abheben. Es genüge jedoch, wenn die Anordnung und Gestaltung einer Anzeige ausreiche, um sie ohne weiteres als Werbung zu erkennen. In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall habe sich die Werbeanzeige jedoch auf Grund der einheitlichen Gestaltung, der Anordnung des Textes, der Farbe und der Nummerierung nahtlos in den vorhergehenden und folgenden redaktionellen Teil des Magazins eingeordnet. Ein Kriterium der Unterscheidung sei nicht vorhanden gewesen. Die Kennzeichnung habe sich im rechten oberen Eck des Beitrages befunden. Im Rahmen natürlicher Lesegewohnheiten werde ein Leser diesen Bereich vor der Lektüre des Textes nicht erfassen. Er werde auch nicht erwarten, dass es sich dabei um Werbung handele und nicht gezielt nach entsprechenden Kennzeichnungen suchen. Auch wenn die Kennzeichnung an anderer Stelle untergebracht worden wäre, hätte dies nicht ausgereicht, weil sie sich in Schrifttyp, - größe und - farbe nicht abgehoben habe und somit leicht überlesen werden konnte. Auch seien die redaktionell aufbereiteten Werbeanzeigen und die echten Redaktionsbeiträge nicht räumlich voneinander getrennt gewesen. Das Wort " Anzeige " sei im vorliegenden Fall für den Leser nicht klar erkennbar gewesen. Wenn andere Wettbewerber dies ähnlich machten, ändere dies nichts.

LG Stuttgart vom 13. Februar 2006 ; Az. 40 0 16/06; WRP 2006, S. 773

 

2. LG München I: „Supplement 2“ ( Sonderveröffentlichung )

In einer Entscheidung des Landgerichts (LG) München ging es um die Bezeichnung "Sonderveröffentlichung" für eine Beilage zum redaktionellen Teil eines Festival-magazins, die in kleinerer Schrift als die danebenstehenden Angaben und der sonstige Text der Seite gehalten war. Die dort gegen Entgelt veröffentlichten "redaktionellen Beiträge" seien nicht hinreichend deutlich als Werbung gekennzeichnet gewesen. Das Wort "Sonderveröffentlichung" habe sich an einer Stelle befunden, wo es sich nicht auf die einzelnen redaktionellen Beiträge bezog, sondern auf die Zeitschriftenausgabe als solche. Der verständige Verbraucher erkenne nicht von vornherein, dass es sich bei den Anzeigen um bezahlte Werbung handele, da die Artikel sich in Aufmachung und Diktion nicht von den einzelnen Beiträgen im Kulturmagazin unterschieden.

Die Berichterstattung über die einzelnen Berichte im Magazin sei jeweils mit einer Kostenbeteiligung des Veranstalters zustandegekommen. Diese sei nicht offen gelegt worden. Für die angesprochenen Verkehrskreise sei deswegen nicht erkennbar gewesen, dass es sich um Werbung handelte, weil durch die äußere und inhaltliche Gestaltung der Artikel jeweils der Eindruck eines echten redigierten Beitrages erweckt wurde.

Auch weise das Wort "Sonderveröffentlichung" nicht eindeutig auf den Umstand hin, dass die Beiträge nur gegen Bezahlung veröffentlicht wurden.

Ausschlaggebend für die Beurteilung der Zulässigkeit einer solchen Sonderveröffentlichung sei der Gesamteindruck, der für den Leser entsteht.

LG München vom 29. Juni 2005; Az. 1 HK O 2531/05, WRP 2006, S. 775

 

3. Transparenz bei Gewinnspiel

§ 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) schreibt vor, dass die Bedingungen für die Teilnahme an Gewinnspielen klar und eindeutig in der Werbung für das Gewinnspiel angegeben werden müssen. Was darunter zu verstehen ist, sagt das Gesetz leider nicht. So weit ersichtlich liegt nun erstmals eine gerichtliche Entscheidung vor, die sich mit dieser Frage befasst. Ein Möbelhaus hatte für ein Gewinnspiel mit dem Text geworben:
"Urlaubsgewinnspiel. Gewinnen Sie einen Traumurlaub für zwei Personen - zwei Wochen in die Karibik oder 100 Warengutscheine a 100 EUR, zwanzig Warengutscheine a 50 EUR, 10 Warengutscheine a 100 EUR". Und weiter hieß es: "Gewinnspielkarten erhalten Sie vor dem Möbelzentrum oder fordern Siediese an unter Nr... an. Mitarbeiter des Möbelzentrums sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Einsendeschluss: 24.8.2004. Es entscheidet das Los."

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln verstößt dies - im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichtes – nicht gegen das durch § 5 UWG vorgeschriebene Transparenzgebot. Dieses Gebot gelte zwar bereits für Hinweise im Vorfeld eines Preisausschreibens oder Gewinnspiels, nicht nur für das Gewinnspiel selbst. Nach Auffassung des Senates sei bei den Anforderungen an die Teilnahmebedingungen auf die Situation abzustellen, in der der Verbraucher über die Bedingungen der Teilnahme informiert wird. Diese seien unterschiedlich. Der Interessent könne unmittelbar vor der Teilnahme des Spiels selbst stehen oder erst durch die Werbung auf die Möglichkeit hingewiesen werden.

Entscheidend sei, an welchen Informationen ein möglicher Teilnehmer in der konkreten Situation einschätzen ein schützenswertes Interesse habe. Dazu gehöre jedenfalls das Alter und die Nichtzugehörigkeit zum Veranstalter. Wie und wann der Gewinner ermittelt werde, zähle jedoch nicht dazu. Vorliegend sei dem Interessenten auch mitgeteilt worden, dass es sich um ein Spiel ohne Einsatz handele, dass der Ausgang vom Zufall abhängig sei und dass Gewinnspielkarten sowohl vor dem Möbelzentrum als auch telefonisch zu erhalten seien. Auch der Einsendeschluss werde mitgeteilt. Für die Richter sei nicht ersichtlich, dass die Interessenten in diesem Stadium noch andere Informationen benötigten.

OLG Köln vom 14.10.2005 ; 6 und 57/0 5, GRUR RR 2006, S. 196

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