Schotthoefer
Urteile - Archiv
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Juni 2006

1. OLG Frankfurt: Bonustaler in Apotheken

- Ein Apotheker, der seinen Kunden "Taler" ausgehändigt, verstößt gegen die von der Arzneimittelpreisverordnung vorgeschriebene Preisbindung.
- Ein Verstoß liegt auch vor, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt, dem Kunden aber ein Bonus gewährt wird, der den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen läßt

 

2. OLG Naumburg: Schal als Apothekenware zulässig

- Bei einem Schal handelt es sich um eine apothekenübliche Ware, die in der Apotheke verkauft werden darf
- Ein wärmender Schal kann Erkrankungen verhindern und die Heilung einer bestehenden Krankheit fördern

 

3. Unternehmer bei eBay

- Ein "Hobby„–Münzsammler bei eBay ist als Unternehmer verpflichtet die Anbieterkennung vorzunehmen
- Er ist auch verpflichtet, den Hinweis über das Widerrufs- und Rückgaberecht aufzunehmen.

 

4. OLG München: Fernsehgewinnspiel trotz 0,49 EUR pro Anruf zulässig

- Gewinnspiele, bei denen ein Anrufer 0 ,49 EUR zu zahlen hat, sind nach Auffassung des OLG München nicht zu beanstanden
- Der Senat sah keine Veranlassung, die Frage des unerlaubten Glücksspiels anders zu beurteilen als die dafür besonders berufenen Strafverfolgungsbehörden.

 

5. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: Greenpeace versus McDonald's

- "McDollar", "McGier" , "McKrebs", "McMörder", Hunger in der Dritten Welt, ökonomischen Imperialismus, groben Missbrauch von Ressourcen, Zerstörung von Regenwäldern, Kinderausbeutung und ungesunde Ernährung, Gift in Nahrungsmitteln warf eine Greenpeace Gruppe dem fast– Food-Unternehmen vor
- McDonald's klagte 100.000 britische Pfund als Schadenersatz ein und erhielt 30.000.
- Die Verurteilten beschwerten sich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der das Vereinigte Königreich verurteilte, Ersatz für zu leisten

 

6. LG Berlin: keine Haftung für T–Caller

- Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat im Februar 2005 entschieden, dass ein Unternehmen für Aussagen so genannter T-Caller haftet
- Das Landgericht (LG) Berlin stellte fest, dass einen Lieferanten keine Haftung treffen, wenn Vorkehrungen getroffen wurden, um solche
Aussagen zu vermeiden

 

7. LG Braunschweig: Markenverletzung durch google-adwords

- Das Landgericht (LG) Braunschweig stellte fest, dass es für eine Markenverletzung darauf ankomme, welche Vorstellungen ein Verbraucher bei der Eingabe des konkreten Zeichens habe

 


 

1. OLG Frankfurt: Bonustaler in Apotheken

Mit so genannten "Talern" versuchte eine Apotheke die Kunden zu binden. Ein oder mehrere Taler wurden ausgehändigt bei Geburtstagen, bei der Anfahrt mit dem Bus sowie beim Parken im Parkhaus gegen Vorlage des Fahrscheins bzw. der Quittung. Außerdem gab es bei einem Einkauf in Höhe von 10 EUR einen Taler, wenn der Kunde Waren aus dem Selbstbedienungssortiment erwarb. Dabei wurde daraufhingewiesen: " Bei Kauf von Arzneimitteln, die der Arzneimittel-Verordnung unterliegen, dürfen aus gesetzlichen Gründen keine Taler gewährt werden ". Schließlich konnte man Taler gegen Prämien aus einem Katalog mit zirka 40 Gegenständen des täglichen Bedarfs auswählen. Die Taler konnten auch bei Partnern ( Autowerkstatt, Blumenladen, Sportgeschäft, Kopiercenter, Elektrogeschäft, Kaffee - Bar) eingetauscht werden.

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ging gegen diese Apotheke gerichtlich vor, weil angeblich zwei Kunden in der Apotheke gegen Vorlage der Taler preisgebundene, verschreibungspflichtige Arzneimittel erworben hätten.

Das OLG Frankfurt hat die Verurteilung der Apotheke zu Unterlassung bestätigt. Ein Apotheker, der seinen Kunden für den Erwerb verschreibungspflichtiger, preisgebundener Arzneimittel einen oder mehrere "Taler" aushändige und damit die Möglichkeit gebe, Prämien in einer so großen Variationsbreite auszuhändigen, verstoße gegen die durch die Arzneimittelpreisverordnung vorgeschriebene Preisbindung.

Ein Verstoß gegen diese Verordnung liege nicht nur dann vor, wenn ein Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem in der Verordnung berechneten Preis abgebe, sondern auch dann, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt sei, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittelsvorteile gewährt würden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen ließen. Das sei nicht nur bei einem Rabatt, sondern auch bei "Talern" der Fall.

OLG Frankfurt vom 20. Oktober 2005 ; Az. U 201/04
WRP 2006, S. 613

 

2. OLG Naumburg: Schal als Apothekenware zulässig

Eine Apotheke warb in einem Werbeflyer für den Verkauf von Fleece-schals (".. Verschiedene Farben und Muster.. Damit die Erkältung keine Chance hat, 35*200 cm, 4,98 EUR"). Das OLG Naumburg war der Auffassung, dass der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gegen diese Marketingmaßnahme der Apotheke kein Unterlassungsanspruch zustehe. Bei dem Schal handele es sich um das so genannte apothekenübliche Ware, die in der Apotheke verkauft werden dürfe. Darunter seien Mittel und Gegenstände zu verstehen, die der Gesundheit von Menschen und Tieren mittelbar oder unmittelbar dienten oder diese förderten. Auch bei einem Schal handele es sich selbst verständlich um einen solchen Gegenstand. Auch Kosmetikartikel, darunter farbige Nagellacke und Lippenstifte seien von anderen Gerichten bereits als Apothekenrandsortiment zugelassen worden. Ein wärmender Schal könne Erkrankungen verhindern und die Heilung einer bestehenden Krankheit fördern. Bei einem einfachen wärmenden Schal sei die Gesundheitsförderung nicht völlig nebensächlich, sondern fast gleichrangig mit der Funktion des Bekleidungsstückes.

OLG Naumburg vom 9.12.2005 ; Az. U 37/0 5
WRP 2006, S. 618

 

3. Unternehmer bei eBay

Ein "Hobby"-Münzsammler wickelte seine Geschäfte auch über eBay ab. Wegen fehlender Unternehmenskennzeichnung rügte die Wettbewerbszentrale den Sammler. Das Landgericht (LG) Leipzig stellte fest, dass der Sammler als Unternehmer verpflichtet sei, auf den Internetseiten auf der Verkaufs-Plattform eBay die Anbieterkennung vorzunehmen. Er sei ebenfalls verpflichtet, dass Widerrufs- und Rückgaberecht aufzunehmen.

Für die Definition des Begriffs "nehmen" komme es auf eine wirtschaftliche Betrachtung, nicht auf die Rechtsform ahnen. Es handele sich dabei um eine auf Dauer angelegte, selbstständige wirtschaftliche Betätigung, die darauf gerichtet sei, Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt zu vertreiben. Auf Dauer angelegte sei eine Tätigkeit, wenn sie nicht bloß gelegentlich erfolge. Die private Sphäre werde dann verlassen, wenn zahlreiche gleichartige Waren in kurzem zeitlichen Abständen gekauft und verkauft würden. Da dies jedenfalls sei, sei die Unternehmereigenschaft zu bejahen.

LG Leipzig vom 18. Oktober 2005 ; Az. 05 0 2910/05
WRP 2006, 617

 

4. OLG München: Fernsehgewinnspiel trotz 0,49 EUR pro Anruf zulässig

Ein Sender veranstaltet Gewinnspiele, bei denen ein Anrufer für den Anruf 0,49 EUR zu zahlen hatte. Die Sendung bestand im wesentlichen darin, dass die Zuschauer am zu anrufen zwecks Teilnahme einem Ratespiel animiert wurden. Die Telefongebühr von 0, 49 EUR teilten sich der Telefonanbieter und der Sender. Ein Anrufer ging dagegen gerichtlich voll mit dem Argument, er habe an einem Tag 18 x angerufen, jedesmal habe im eine Stimme auf Band mitgeteilt, dass es diesmal leider nichts geworden sei. In Wahrheit wurden durch ein automatisierte Losverfahren aus einer bestimmten Anzahl von Anrufern per Zufallsprinzip ein Anrufer angerufen und in die Sendung verbunden.

Das OLG München hatte dies nicht zu beanstanden. Z. T. aus verfahrensrechtlichen Gründen wies es den Anspruch zurück. Der Senat hat auch keine Veranlassung, die Frage des unerlaubten Glücksspiels anders zu beurteilen als die dafür besonders berufenen Strafverfolgungsbehörden.

OLG München vom 22.12.2005 ; Az. 6 W 2181/05
MMR 2006, S. 225

 

5. Greenpeace versus McDonald's

Mitglieder von "London Greenpeace", einer mit Greenpeace International nicht zusammenhängenden Gruppe, hatten im Jahre 1986 im Rahmen einer Anti-McDonald's-Kampagne ein Flugblatt mit dem Warenzeichen verteilt und den Schlagzeilen "McDollars", "McGier", "McKrebs", "McMörder". Im Text wurde McDonald's in Verbindung mit dem Hunger in der Dritten Welt, mit ökonomischem Imperialismus, grobem Missbrauch von Ressourcen, der Zerstörung von Regenwäldern, Kinderausbeutung und ungesunder Ernährung sowie mit Gift in Nahrungsmitteln gebracht. McDonald's hatte sieben Privatdetektive mit der Suche nach dem Verantwortlichen beauftragt und verlangte dann 100.000 britische Pfund als Schadenersatz. Zwischen Juni 1994 und Dezember 1996 fand ein Verfahren statt, das mit 313 Sitzungstagen das längste Gerichtsverfahren in der englischen Rechtsgeschichte wurde. Die Protokolle umfassten 20.000 Seiten, es gab 40.000 Seiten Urkunden und 31 Zeugenaussagen. Das Urteil wurde im Juni 1997 verkündet, es umfasste 762 Seiten und kam zu dem Ergebnis, dass wesentliche Behauptungen unwahr seien und McDonald's ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 30.000 britische Pfund zustehe. Die dagegen eingelegte Berufung führte zu einem 301 Seiten umfassenden Urteil und der teilweise Herabsetzung der Schadensumme. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Verurteilten beschwerten sich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der nun das Vereinigte Königreich dazu verurteilte, an die Beschwerdeführer Ersatz für Nichtvermögensschäden und Kosten und Ausgaben zu leisten. Das Niveau der rechtlichen Vertretung der Beschwerdeführer und McDonald's sei so unterschiedlich gewesen, dass in diesem außergewöhnlichen Fall ungeachtet der erheblichen Bemühungen der Richter zwangsläufig gegen das Gebot der Fairness verstoßen worden sei. Die Folge sei eine unangemessene Ungleichheit der Waffen gewesen. Ein gerechter Ausgleich zwischen der Notwendigkeit, das Recht der Beschwerdeführer auf Meinungsfreiheit zu gewährleisten und der Notwendigkeit, McDonald's Rechte und guten Ruf zu schützen, sei nicht hergestellt worden.

EGMR vom 15.2.2005, Az. 68416/01 ( Steel und Morris vs. Vereinigtes Königreich )
NJW 2006, S. 1255

 

6. LG Berlin: keine Haftung für T-Caller

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte im Februar 2005 entschieden, dass ein Unternehmen für Aussagen so genannter T-Caller hafte, also für während einer TV-Sendung zugeschaltete Zuschauer. Das Landgericht (LG) Berlin stellte nun in einem anderen Fall im Dezember 2005 fest, dass einen Nenner Sendung mitwirkenden Lieferanten keine Haftung treffen, wenn Vorkehrungen getroffen worden seien, und solche Aussagen zu vermeiden und gegebenenfalls nachträglich richtig zustellen. Für Anrufer, die sich über die vom Sender gegebenen wettbewerbsrechtlichen Instruktionen bewusst hinwegsetzten und er diese nicht richtig verstanden, müsse ein Unternehmen nicht haften.

LG Berlin vom 30.12.2005 ; Az. 102 0 54/05
Computer und Recht 2006, S. 250

 

7. LG Braunschweig: Markenverletzung durch google-adwords

Ein Finanz- und Versicherungsdienstleister verfügte über eine Reihe von Marken für einen bestimmten Begriff, der nicht direkt im Zusammenhang mit der angebotenen Leistung stand und zur Kennzeichnung des Unternehmens verwendet wurde. Ein Anbieter von Krankenversicherungen geschaltete beide Suchmaschine google diesen Begriff als Anzeige. Wenn ein User diesen Begriff eingab,
erschien deswegen die Website des Krankenversicherers.

Das Landgericht (LG) Braunschweig sah darin eine Markenverletzung. Es komme darauf an, welche Vorstellungen ein Verbraucher bei der Eingabe des konkreten Zeichens und der dann erscheinenden Trefferliste habe. Im vorliegenden Fall sei der Begriff geeignet, das Unternehmen des Werbenden zu kennzeichnen. Statt in einem Laden einen Verkäufer nach dem Produkt "XY" zu fragen, werde die Suchmaschine im Internet befragt. Deswegen verletze die Kennzeichnung das Zeichenrecht des Inhabers. Anders sei dies möglicherweise zu beurteilen, wenn der Begriff lediglich beschreibend sei.

LG Braunschweig vom 28.12.2005, Az. 9 0 2852/05
Computer und Recht 2006, S. 28

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Dr. Peter Schotthöfer & Florian Steiner

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