Schotthoefer
Urteile - Archiv
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März 2007

1. EuG: " Bud " ist nicht mit " Bit " verwechselungsfähig

- Europäisches Gericht hebt Urteil des Bundesgerichtshofes auf

 

2. BGH: Neue Maßstäbe für Laienwerbung

- Prämie im Werte von ca. 30 EUR für Werbung eines Kunden für Gleitsichtgläser nicht wettbewerbswidrig

- Allerdings darf für Gleitsichtgläser als Medizinprodukte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Heilmittelwerbegesetzes nicht geworben werden

 

3. OLG Bamberg: Verjährung eines Unterlassungsanspruches wegen E-Mailwerbung

- Für die Verjährung eines Unterlassungsanspruches wegen einer Verletzung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften kommt es auf Kenntnis des klagenden
Verbandes, nicht auf den Zeitpunkt der Verletzung an

 

3. OLG Saarbrücken: Schornsteinfeger ohne Glück

- Anspruch auf eine Vertragsstrafe aus einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung nur bei ordnungsgemäß zu Stande gekommenen Vertrag

 

5. OLG Hamm: Einwilligungsklausel für Telefonwerbung in vorformulierten Auftragsbedingungen unwirksam


- Die Einwilligungserklärung mit Anrufen zu Werbezwecken darf sich nicht in einem vorformulierten Auftragsformular an Versteckter Stelle befinden

- Diese Einwilligung ist unwirksam

 

6. LG Hamburg: "Kalte" Telefonanrufe auch nicht unter dem Deckmantel der Meinungsforschung

- Unverlangte Telefonanrufe zu Werbezwecken sind auch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Angerufenen.

- Nach Auffassung des LG Hamburg sind solche Anrufe auch zum Zwecke einer Meinungsumfrage unzulässig

 

7. Rechtsprobleme bei von Verbrauchern gestalteter Werbung („Consumer generated advertising“)

 


 

1. EuG: "Bud" nicht mit "Bit" verwechselungsfähig

Die amerikanische Brauerei Anheuser beantragte im Jahre 1996 eine Gemeinschaftsmarke für das Wort "BUD“. Die deutsche Brauerei Bitburger legte dagegen Widerspruch mit der Begründung ein, sie sei im Besitze der älteren Marken für "Bit“, "Bitte ein Bit", "Bitte ein Bitburger". Zwischen den Marken "Bud" und "Bit" bestehe Verwechselungsgefahr, die Marke "Bud" müsse daher wegen der älteren Marke „Bit„ gelöscht werden.

Das europäische Gericht erster Instanz (EuG) sah allerdings - im Gegensatz zum Bundesgerichtshof - zwischen den beiden Marken keine Ähnlichkeit und damit auch keine Verwechslungsgefahr.

EuG vom 19.10.2006 ; T 350/0 4 ; T 351/04 ; T 352/04
GRUR - RR 2007, S. 5

 

2. BGH: Neue Maßstäbe für Laienwerbung

Ein Augenoptik–Filialist hatte im Rahmen einer Aktion "Kunden werben Kunden" damit geworben, dass ein Kunde eine Prämie im Werte von ca. 30 EUR erhalte, wenn die von ihm geworbene Person Gleitsichtgläser im Mindestwert von 100 € erwerbe. Der BGH betonte, dass der Einsatz von Laienwerber nicht grundsätzlich wettbewerbswidrig sei. Sie könne dies jedoch dann werden, wenn die ausgesetzte Prämie einen nicht unerheblichen Wert verkörpere. Was als "nicht unerheblicher Wert" angesehen werden müsse, habe sich nach dem Fall des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung und insbesondere nach Übernahme des europäischen Verbraucherleitbildes deutlich geändert. Eine Prämie von 30 € führe nach der Lebenserfahrung nicht dazu, dass ein Laienwerber allein wegen dieses Wertes seine persönlichen Beziehungen zu Verwandten, Freunden und Bekannten missbrauche, um in den Besitz der Prämie zu kommen.

Allerdings hielt der BGH diese Werbung dennoch für unzulässig. Gleitsichtgläser seien Medizinprodukte, für die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Heilmittelwerbegesetzes nicht geworben werden dürfe.

BGH vom 6.7.2006 ; Az. I ZR 145/03
NJW 2006,3203

 

3. OLG Bamberg: Für Verjährung eines Unterlassungsanspruches wegen E-Mailwerbung kommt es auf Kenntnis des Verbandes, nicht auf Zeitpunkt der Verletzung an

Am 16.12. erhielt der Inhaber einer E-Mailadresse Werbung per E-Mail. Diese übersandte er am 15.2. des darauf folgenden Jahres an die Wettbewerbszentrale, die am 22. 2. deswegen eine Abmahnung aussprach. Am 13.7. fand vor der Schlichtungsstelle eine - erfolglose - Verhandlung statt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg entschied nun, dass die sechsmonatige Verjährungsfrist eines Unterlassungsanspruches wegen einer Wettbewerbsverletzung im vorliegenden Fall nicht abgelaufen sei, da es für die Bestimmung dieser Frist nur auf die Kenntnis des klagenden Verbandes (hier: 15.2.) ankomme. Sechs Monate danach sei die Klage bereits eingereicht gewesen.

OLG Bamberg vom 6.9.2006 ; Az. 3 U 363/05
WRP 2007, S. 220

 

4. OLG Saarbrücken: Schornsteinfeger ohne Glück

Im Landtagswahlkampf verwendete ein Politiker als Wahlplakat ein Foto, auf dem zwei Schornsteinfeger abgebildet waren. Er hatte das Bild und die Rechte von einer Agentur erworben. Die Schornsteinfeger jedoch waren nicht gefragt worden, ob sie damit einverstanden seien, dass ihr Konterfrei auf vielen Plakaten in der Stadt im Zusammenhang mit einem Wahlkampf zu sehen war. Da sie auch Mitglied einer berufsständischen Vereinigung waren, würde der Eindruck entstehen, die seien nicht neutral, sondern parteipolitisch gebunden.

Der Politiker gab eine Unterlassungserklärung ab, jedoch wurden offensichtlich nicht alle Plakate entfernt. Die Schornsteinfeger verlangten neben einer Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung auch Ersatz der Kosten ihres Anwaltes.

Das OLG Saarbrücken war der Meinung, dass die Schornsteinfeger keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe hätten, weil die Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht in rechtlich ordnungsgemäßer Form zustandegekommen sei. Auch die Kosten des Anwaltes der "Glücksbringer" hielt es nur zum Teil für erstattungsfähig.

OLG Saarbrücken vom 13.9.2006, Az. 1 U 624/05
NJW - RR 2007, S. 112

 

5. OLG Hamm: Einwilligungsklausel für Telefonwerbung in vorformulierten Auftragsbedingungen unwirksam


Mit der Zulässigkeit "kalter" Anrufe, also von Anrufen zu Werbezwecken, hatte sich das OLG Hamm zu befassen. Es stellte zunächst klar, dass Werbeanrufe bei Verbrauchern grundsätzlich unzulässig sind. Auch hafte ein Unternehmen, das eine Agentur mit diesen Anrufen beauftragt habe, für deren Aktivitäten. In dem zu entscheidenden Fall habe zwar eine Einwilligungserklärung mit Anrufen zu Werbezwecken vorgelegen, diese sei aber nicht wirksam gewesen. Es habe sich in einem vorformulierten Auftragsformular die Erklärung befunden, dass die Unterzeichnerin auch telefonisch über weitere interessante Angebote informiert werden wolle. Diese Einwilligung sei aber schon deswegen unwirksam, weil sie an versteckter Stelle mitten in einem vorformulierten Text angebracht gewesen und damit das Transparenzgebot verletzt worden sei. Auch liege eine unangemessene Benachteiligung vor, wenn sich die vorformulierte Erklärung erkennbar nicht nur auf Werbung im Rahmen des angebahnten oder bestehenden Vertragsverhältnisses beschränke, sondern zudem die Werbung für sonstige Vertragsabschlüsse ermögliche. Mit anderen Worten: es hätte angegeben werden müssen, wer sich noch mit welchen Angeboten an die Anschlussinhaberin wenden würden.

OLG Hamm vom 15.8.2006 ; Az. 4:0078/06
Kommunikation und Recht 2006, S. 524

 

6. LG Hamburg: "Kalte" Telefonanrufe auch nicht unter dem Deckmantel der Meinungsforschung zulässig


Unverlangte Telefonanrufe zu Werbezwecken sind nicht nur ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, sondern auch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Angerufenen. Das hat zur Folge, dass auch Privatpersonen, die ohne vorherige Einwilligung zu Werbezwecken angerufen werden, sich dagegen mit juristischen Mitteln zur Wehr setzen können. Das gilt nach Auffassung des LG Hamburg sogar dann, wenn der Hintergrund des Anrufes eine Umfrage zu Marktforschungszwecken ist, insbesondere wenn der Anruf mittelbar der Absatzförderung dient, also z. B. Verbrauchergewohnheiten im Zusammenhang mit Produkten und Dienstleistungen des Auftraggebers erfragt werden. Es ändere auch nichts daran, wenn die Umfrage nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführt wurde. Der Grad der Belästigung sei nicht geringer zu bewerten als bei unerlaubter Telefonwerbung.

LG Hamburg vom 30.6.2006 ; Az. 309 S 276/05
Fundstelle: eigene

 

7. „Consumer generated advertising“ - von Verbrauchern gestaltete Werbung

Im Umfeld des letzten „Super Bowls“ wurden erstmals Spots geschaltet, die auf Ideen von Privatpersonen basierten. Die Plattform „youtube“ enthält eine unübersehbare Menge von solchen privaten Videospots, von denen der eine oder andere sowohl von der Idee als auch von der Gestaltung her durchaus als Werbespot taugen würde. Kann man nun einfach das Filmchen herunterladen und geändert oder pur als billigen Werbespot für eigene Zwecke verwenden?

Die Antwort ist: nein, nein, nein! Nahezu jedes Filmchen ist zunächst einmal durch das Urheberrecht geschätzt. Der oder die, die den Spot gestaltet und/oder ins Netz gebracht hat, können als Urheber bestimmen, was zu welchen Konditionen wo und wie damit passieren soll. Mit anderen Worten: sie müssen vorher gefragt werden und ihr Einverständnis möglichst schriftlich erteilt worden seien. Sie müssen wissen, zu welchem Zweck und in welchem Umfang es genützt und wo (national, international?) es eingesetzt werden soll. Die Tatsache, dass jemand eine Aufnahme bei „youtube“ eingestellt hat, bedeutet nicht, dass sie von jedermann für sich verwendet werden darf, es sei denn, dies wäre ausdrücklich im Angebot vermerkt.

Die gesamte Palette urheberrechtlicher Fragen ist vor einer Verwendung abzuarbeiten: ist die als Schöpfer genannte Person tatsächlich der Urheber? Haben weitere " Künstler "mitgearbeitet? Darf der Streifen zu Werbezwecken verwendet, als Spot oder auch nur Teil eines Spots im Kino oder Fernsehen gezeigt werden? Darf er regional, national oder gar international ausgestrahlt werden? Verzichtet der Urheber darauf, als solcher genannt zu sein?

Und damit noch nicht genug: nicht nur der Urheber, sondern auch im Film gezeigte Personen müssen mit der Verwendung zu Werbezwecken im gewünschten Umfang (also wiederum regional, national oder international? Im Fernsehen, im Kino?) einverstanden sein.

Jeder der Beteiligten kann alleine die Verwendung untersagen. Untersagt werden kann die Verwendung aber auch, wenn gar keine Personen agieren, sondern einfach fremde Marken gezeigt werden.

Die Folge: Unterlassungsansprüche, Schadenersatz- und Auskunftsansprüche aller Beteiligten. Auch wenn die Summen, die in solchen Fällen als Schadenersatz von deutschen Gerichten zugesprochen wurden keineswegs exorbitant sein dürften, kann dies im Fall einer internationalen Nutzung wegen der " Großzügigkeit " insbesondere amerikanische Gerichte anders sein.

Das gilt auch für Filmchen, die im Rahmen eines Wettbewerbes ausgewählt und prämiert werden. Zulässig wäre deren Verwendung lediglich dann, wenn die Nutzung im geschilderten Umfang zur Voraussetzung der Teilnahme an diesem Wettbewerb in rechtlich wirksame Form gemacht worden wäre.

Zwar gilt noch immer der Grundsatz " Ideen sind frei ", doch findet sich ein Film in „youtube“, hat er das Stadium einer (freien) Idee bereits überschritten und ist zum (urheberrechtlich geschützten) Werk geworden. Nur wenn man diese Plattform lediglich nach Ideen durchforstet, befindet man sich auf juristisch sicherem Terrain.

 

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Dr. Peter Schotthöfer

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