Schotthoefer
Urteile - Archiv
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März 2020



1. EuGH: Widerrufsrecht bei Kauf auf Messe – Gilt dann auch die 14 tägige Widerrufsfrist ? (*

  • Verbraucher kann Vertrag widerrufen, wenn er außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde
  • Begriff Geschäftsraums wird in Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie definiert
  • Das Gericht war deswegen der Meinung, dass der Vertrag "außerhalb von Geschäftsräumen" abgeschlossen worden sei und konnte damit nicht widerrufen werden.

*Im letzten Newsletter (Februar 2020) hat sich insoweit ein Fehler eingeschlichen:

 

2. EuGH: "Fack Ju Göhte" als Marke (vielleicht) zulässig

  • Titel des Films "Fack Ju Göhte" unter Umständen eintragungsfähig
  • Nicht klar, ob das allgemeine Publikum das Wortzeichen "Fack Ju Göhte"  als Verstoß gegen grundlegende moralische Werte und Normen der Gesellschaft wahrnimmt.

 

3. OLG Düsseldorf: Verstoß auf verschiedenen Plattformen löst jeweils eigenen Vertragsstrafeanspruch aus

  • Ein Immobilienunternehmen hatte sich zur Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall eines Verstoßes gegen eine Unterlassungserklärung verpflichtet.
  • Dennoch kam es dann auf verschiedenen Internetplattformen (Google +, Immobilienscout 24, 123makler, immonet) zu Verstößen
  • Unterlassungskläger verlangte für die Werbung auf jeder Plattform die vereinbarte Vertragsstrafe.
  • OLG Düsseldorf: Für jeden Verstoß muss die vereinbarte Vertragsstrafe bezahlt werden.

 

4. LG Berlin: Anspruch auf Auskunft in Bezug auf Daten des Verfassers eines  rechtswidrigen Kommentars im Internet  

  • Diensteanbieter darf Auskunft über Verfasser eines rechtswidrigen Kommentars erteilen

 


 

1. EuGH: Widerrufsrecht bei Kauf auf Messe – Gilt dann auch die 14 tägige Widerrufsfrist? (*

Für den Verkauf von Waren auf einer Messe können in Bezug auf das Widerrufsrecht besondere Maßstäbe gelten. Gemäß Art. 9 der Richtlinie 2011/83 EU über die Rechte der Verbraucher darf ein Verbraucher einen Vertrag innerhalb der ersten 14 Tage widerrufen, wenn er diesen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen hat. Der Begriff des Geschäftsraums wird in Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie definiert, danach sind Geschäftsräume entweder unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt oder aber bewegliche Gewerberäume, in denen er diese für gewöhnlich ausübt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob diese Vorschrift bei einem Kauf auf einer Messe anwendbar ist. Im konkreten Fall hatte ein Verbraucher mit einem Unternehmer während einer Messe an dem Verkaufsstand etwas erworben. Beim Erwerb befand er sich auf einem zwischen den verschiedenen Messeständen befindlichen und allen zur Verfügung stehenden Gang. Ob der Vertrag widerrufen werden konnte, weil er "außerhalb von Geschäftsräumen" abgeschlossen worden war, war daher für diesen Rechtsstreit von erheblicher Bedeutung. Auf den Gängen zwischen den Messeständen war er vom Verkäufer angesprochen und dort - also auf einem Gang zwischen den Ausstellungsständen war es in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall - zwischen Unternehmer und Verbraucher nicht nur zu einem Verkaufsgespräch, sondern auch zum Vertragsschluss gekommen. Das Gericht war deswegen der Meinung, dass der Vertrag "außerhalb von Geschäftsräumen" abgeschlossen worden sei und konnte damit widerrufen werden.

Es muss also heißen:  Er konnte widerrufen werden, da er außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen wurde.

EuGH vom 17.12.2019; Az. C - 465/19
K&R 2020, S. 138

*Im letzten Newsletter (Februar 2020) hat sich insoweit ein Fehler eingeschlichen:

 

2. EuGH: "Fack Ju, Göhte"

Der Film, "Fack Ju, Göhte" war einer der erfolgreichsten deutschen Filme überhaupt. Aus diesem Grunde hat der Inhaber der Namensrechte, Filmgesellschaft Constantin diesen Titel als EU-Marke die unterschiedlichsten Produkte anmelden lassen. Allerdings hat die dafür zuständige europäische Behörde (Euipo) den Antrag mit der Begründung abgelehnt, er sei "anstößig". Diese Entscheidung beanstandete der Europäische Gerichtshof in zweiter Instanz. Ob eine als EU Marke angemeldete Marke gegen die guten Sitten verstoße, müsse umfassend geprüft werden. Die Geschmacklosigkeit eines Zeichens reiche dagegen nicht aus. Vielmehr müssten die maßgeblichen deutschen Verkehrskreise den Ausdruck dahingehend verstehen, dass er mit den bestehenden grundlegenden moralischen Werten und Normen der (deutschen bzw. österreichischen) Gesellschaft unvereinbar sei. Dafür müsste die Wahrnehmung einer "vernünftigen Person mit durchschnittlicher Empfindlichkeit und Toleranzschwelle" zugrunde gelegt werden und auch der Kontext berücksichtigt werden. Dabei müssten auch Hintergrundelemente berücksichtigt werden wie zum Beispiel der große Erfolg beim deutschsprachigen breiten Publikum. Zudem sei der Film "Fack Ju, Göhte" für Jugendliche freigegeben und vom Goethe-Institut als dem Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland zu Unterrichtszwecken genutzt worden. Daraus lasse sich ableiten, dass die deutschsprachige breite Öffentlichkeit den Ausdruck "Fack Ju" nicht als moralisch verwerflich ansehe. Aus diesem Grunde hob der EuGH das Urteil des Gerichts der Europäischen Union ebenso auf wie die Entscheidung des EUIPO.

EuGH vom 27.2.2020, Az. C -42/18 B

 

3. OLG Düsseldorf: Verstoß auf verschiedenen Plattformen löst jeweils eigenen Vertragsstrafeanspruch aus

In einer Unterlassungsverpflichtungserklärung hatte sich ein Immobilienunternehmen zur Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall eines Verstoßes gegen die Erklärung verpflichtet. Als es dann auf verschiedenen Internetplattformen (Google +, Immobilienscout 24, 123makler, immonet) mit unvollständigen und damit wettbewerbswidrigen Angaben warb, verlangte der Unterlassungskläger für die Werbung auf jeder Plattform die vereinbarte Vertragsstrafe. Das OLG Düsseldorf kam nun zu dem Schluss, dass darin nicht nur ein Verstoß zu sehen sei, weil die Entscheidung der Werbung auf diesen Plattformen auf einer Willensentscheidung beruhe, sondern vier Verstöße. Für jeden Verstoß müsse die vereinbarte Vertragsstrafe bezahlt werden.
OLG Düsseldorf vom 29.8.2019; Az. I - 2 U 44/18
K&R 2020, S. 222

 

4. LG Berlin: Anspruch auf Auskunft in Bezug auf Daten des Verfassers eines rechtswidrigen Kommentars im Internet

Das LG Berlin hat entschieden, dass ein Diensteanbieter einer Person Auskunft über einen Verfasser eines rechtswidrigen Kommentars nach § 14 Abs. 3 des Telemediengesetzes (TMG) erteilen darf. In dem diese Entscheidung zu Grunde liegenden Fall war eine bundesdeutsche Politikerin in massiver Weise beleidigt worden. Das LG Berlin sprach ihr ein Recht auf Auskunft über die Daten des Kommentators/ Nutzers zu. Dies ermöglichte ihr erst, gegen den Nutzer zivilrechtlich vorzugehen.

LG Berlin vom 27. 11. 2019; Az. 27 AR 1719
K&R 2020,231

 

 

Autor und Urheber der Newsletterbeiträge: Dr. Peter Schotthöfer


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