Schotthoefer
Urteile - Archiv
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November 2004

1. „Mehr für Ihr Geld“ – als Gemeinschaftsmarke nicht eintragungsfähig
2. Ansprechen zu Werbezwecken in der Öffentlichkeit wettbewerbswidrig
3. Kein Monopol für die "Post"
4. Kundenabwerbung durch Abschiedsschreiben
5. ".. fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker": Hinweis nicht erst in Beipackzettel
6. Getarnte Werbung durch "Patienteninformation" in Medikamentenpackung
7. Neues Geschmacksmustergesetz

 

1. „Mehr für Ihr Geld“ – als Gemeinschaftsmarke nicht eintragungsfähig

Die Norma Lebensmittelvertrieb GmbH meldete die Worte "Mehr für Ihr Geld" als Gemeinschaftsmarke bei dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt für sämtliche Waren in den Klassen 3 (u.a. Waschmittel), 29 und 30 (Lebens- und Genussmittel) an. Das Europäische Gericht (EuG) wies diese Anmeldung nun zurück. Zwar seien Werbeslogans, Qualitätshinweise oder eine Kaufaufforderung nicht grundsätzlich von einer Markenan -meldung ausgeschlossen. Allerdings müsse die Bezeichnung unterscheidungskräftig sein und als unmittelbarer Hinweis auf die betriebliche Herkunft der zu bezeichnenden Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden können. Im vorliegenden Falle handele es sich bei den angesprochenen Verkehrskreisen um durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher. Maßgeblich sei bei dieser für den deutschen Verbraucher bestimmten Marke das deutschsprachige Publikum. Dieses verstehe die Marke nur als Werbeslogan, der darauf hindeute, daß die Waren im Verhältnis zu Konkurrenzprodukten für den Verbraucher qualitativ oder quantitativ günstiger seien. Die angemeldete Marke werde deswegen von den maßgeblichen Verkehrskreisen auf Grund ihres Inhaltes zuallererst als Werbeslogan und nicht als Marke wahrgenommen und besitze deswegen keine Unterscheidungskraft.

EuG ( erster Instanz ) vom 30.6.2004 ; Az. T - 281/02
Fundstelle GRUR RR 2004 Seite 237

 

2. Ansprechen zu Werbezwecken in der Öffentlichkeit wettbewerbswidrig

Ein Telekommunikationsunternehmen warb unter anderem auf öffentlichen Straßen und Plätzen und in Einkaufszentren. Die Mitarbeiter gingen auf Passanten zu und sprachen diese individuell auf die Möglichkeit eines so genannten pre-selection-Vertrages an. Die Deutsche Telekom beanstandete dies als wettbewerbswidrig und führte einen Rechtsstreit bis zum Bundesgerichtshof. Der BGH gab dem Unternehmen recht. Die Richter erklärten, dass es unzulässig sei, Passanten auf öffentlichen Straßen für sie überraschend anzusprechen und dazu zu nötigen, sich mit dem Angebot des Werbenden in irgendeiner Weise auseinander zusetzen. Die beteiligten Verkehrskreise seien heute zwar stärker als früher auf die Wahrung eigener Interessen und weniger auf die Einhaltung bestimmter Umgangsformen bedacht. Mit der Gefahr einer Verstrickung oder Überrumpelung des Verbrauchers lasse sich das Verbot mehr begründen. Für den mündigen Verbraucher bestehe in der Regel nicht die Gefahr, dass es sich durch zu einem ihm an sich unerwünschten Vertragsschluss verleiten lasse. Allerdings bestünde die Gefahr, dass im Falle der Zulassung dieser Methode zahlreiche Anbieter davon Gebrauch machen würden - selbst solche, die dieser Art von Werbung nicht zuneigten - sich zur Nachahmung gezwungen sehen könnten und es durch die Nachahmung zu einer unerträglichen Beeinträchtigung der umworbenen Verbraucher kommen würde. Auch mache der Werbende, der sich - ohne als solcher erkennbar zu sein - einem Passanten nähere, sich den Umstand zu Nutze, dass es einem Gebot der Höflichkeit unter den Menschen entspreche, einer fremden Person, die sich beispielsweise nach Weg erkundige, nicht von vornherein abweichend und ablehnend gegenüberzutreten.

BGH vom 1.4.2004 ; Az. I ZR 227/0 1
NJW 2004, S. 2593

 

3. Kein Monopol für die "Post"

Die Deutsche Telekom als Nachfolgerin der Bundespost verfügt über eine ganze Reihe von Marken mit dem Bestandteil "Post", so "Die gelbe Post" oder " Die rote Post ". Deswegen wandte sie sich gegen die Eintragung der Marke "Die blaue Post" für ein anderes Unternehmen das Landgericht (LG) Köln war nun der Auffassung, dass das Wort "Post" nicht die erforderliche Unterscheidungskraft zukomme. Der Verkehr erwarte mit diesem Zeichen zunächst nur eine inhaltliche Beschreibung der Dienstleistung. Auch der Gesetzgeber verwende das Wort "Post" gezielt zur Kennzeichnung unterschiedlicher Unternehmen. "Die Blaue Post" gleichwohl klanglich als auch schriftlich etwas anderes als die " Post "

LG Köln vom 1.6.2004 ; Az. 33 0 23/04
Fundstelle GRUR RR 2004, S. 248

 

4. Kundenabwerbung durch Abschiedsschreiben

Der Mitarbeiter eines Lohnsteuerhilfevereins kündigte am 30.11. seinen Vertrag zum 31.12. des Jahres. Am 19.12.1988 übersandte er ein Schreiben unter Angabe seiner privaten Anschrift und Telefonnummer und verabschiedete sich von den durch ihn betreuten Mitgliedern. Seine Arbeit setzte er dann bei einem anderen Verein am gleichen Ort fort. Eine ganze Reihe von Mitgliedern verließ den Verein. Der klagte nun gegen den neuen Arbeitgeber und den Sachbearbeiter selbst. Der Bundesgerichtshof (BGH) kam zu dem Ergebnis, dass das Abwerben von Kunden zum Wesen des Wettbewerbes gehöre. Wettbewerbswidrig werde dies erst dann, wenn besondere Umstände hinzukämen. Der Versand des vorliegenden Rundschreibens sei jedoch wettbewerbswidrig. Es habe sich nicht nur um eine höfliche Verabschiedung gehandelt. Dagegen spreche, dass sich der Verfasser für das "bisherige... Vertrauen" bekannt habe. Aus diesem Verhalten ergebe sich auch die Verpflichtung zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens. Deswegen sprach das Gericht dem früheren Arbeitgeber auch einen Anspruch auf Auskunft gegen den neuen Arbeitgeber über die ausgetretenen Mitglieder zu. Damit sei es ihm möglich, den Nachweis eines durch das Schreiben verursachten Schadens zu verspüren zu führen, ohne dass der Beklagte dadurch unzumutbar belastet werden.

BGH vom 22.4.2004 ; Az. I ZR 303/0 1
Fundstelle NJW 2004, S. 2385

 

5. ".. fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker": Hinweis nicht erst in Beipackzettel

Ein Reformhaus warb in Zeitungsanzeigen für das freiverkäufliche Arzneimittel "Schönberger Artischockensaft" ohne den Hinweis "... Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker "... Erst im Beipackzettel fand sich unter "Gegenanzeigen" der Text: "Bekannte Allergie gegen Artischocken und andere Korbblütler.. zu Risiken und Nebenwirkungen.. fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker". Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt sah in dem in der Anzeige fehlenden Hinweis einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz und damit auch einen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Verpflichtung des Reformhauses durch das Heilmittelwerbegesetz, diesen Hinweis zugeben, verstoße nicht gegen die Grundrechte. Es komme auch nicht darauf an, ob der Hinweis tatsächlich als ernst gemeinte Empfehlung verstanden werden, wirklich einen Arzt oder Apotheker zwecks Beratung über Risiken und Nebenwirkungen aufzusuchen, auch wenn vieles dafür spreche, dass der Zusatz als Formel dem Publikum fortwährend begegne und nicht ernst genommen werde.

OLG Frankfurt vom 8.6.2004 ; Az. 6 U 79/03
Fundstelle GRUR RR 2004,2 173

 

6. Getarnte Werbung durch " Patienteninformation " in Medikamentenpackung

Einem verschreibungspflichtigen Arzneimittel, das zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte dient, war neben der Gebrauchsinformation mit den Pflichtangaben eine "Patienteninformation" mit dem Untertitel " wichtige Hinweise zum Beipackzettel " in der Form eines selbstständigen Heftchens beigefügt, das allerdings keine Pflichtangaben enthielt. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg verbot dies als einen Verstoß gegen § 10 des Heilmittelwerbegesetzes. Im vorliegenden Fall erschöpften sich die Angaben in der "Patienteninformation" nicht darin, den Gebrauch des Arzneimittels zu sichern. Dem Patienten werde vor Augen geführt, warum das Arzneimittel für bestimmte Zwecke geeignet sei. Damit erfülle die Patienteninformation auch reine Werbezwecke, um den Patienten von der Güte gerade dieses Arzneimittels zu überzeugen.

OLG Hamburg vom 4.9.2003 ; Az. 3 U 180/02
GRUR RR 2004,274

 

7. Neues Geschmacksmustergesetz

Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 98/71/EG ( Richtlinie 98/71/EG des europäischen Parlamentes und des Rates vom 13.10.1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen ) trat am 18.3.2004 das Ausführungsgesetzes zur Reform des Geschmacksmustergesetzes in Kraft. Wesentliche Neuerung ist die Sperrwirkung des § 38 Abs. 1 GSchmG, der dem Anmelder ein ausschließliches Verbietungsrecht gewährt. Bisher war er lediglich gegen Nachbildungen geschützt. Allerdings tritt dieser Geschmacksmusterschutz erst mit der Eintragung des Musters in das Register des Deutschen Patent - und Markenamtes ein und nicht mehr wie bisher bereits durch die bloße Anmeldung. Darüberhinaus hinaus wurde die Schutzdauer des Geschmacksmuster von 20 auf 25 Jahre erhöht.

 

 

Tipp: Preisausschreiben/Gewinnspiel zu Werbezwecken: Rechtliches in 6 Punkten

1. Muss ein Teilnehmer ein Entgelt für die Teilnahme bezahlen, besteht die Gefahr, dass das Gewinnspiel zu Werbezwecken als Lotterie angesehen wird. Diese bedarf der Genehmigung. Die Durchführung einer ungenehmigten Lotterie und sogar die
Werbung hierfür sind strafbar.

2. Die Koppelung der Teilnahme an dem Gewinnspiel an den Kauf einer Ware/Dienstleistung ist nach dem am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen neuen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ( § 4 Z. 6 ) grundsätzlich unzulässig.

3. Teilnahmebedingungen sind gesetzlich nicht vorgeschrieben. Wenn sie jedoch existieren, müssen sie "klar und eindeutig" angegeben werden. Eine bestimmte Größe oder eine Definition des Begriffes schreibt das Gesetz nicht vor.

5. Teilnahmebedingungen sollten der Aktion zugrundegelegt werden, da sie wesentliches Steuerungselement sind ( Anfang und Ende, Einsendemodalititäten, Mehrfachteil-nahme, Teilnahmeberechtigung, Gewinnvergabe etc.)

6. Dient das Gewinnspiel der Generierung von Kundenadressen, sind datenschutz-rechtliche Vorschriften zu beachten. Allgemein zugängliche Daten sind frei, für die Erhebung, Speicherung und Weitergabe anderer Daten ist die vorherige Einwilligung des Betroffenen notwendig.

6. Der Gewinner hat einen Rechtsanspruch auf Aushändigung des Gewinnes.

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Dr. Peter Schotthöfer & Florian Steiner

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